Donnerstag, 02.05.:
Aufgeregt bin ich wie ein kleiner Bub! Mein 1. Radreise-Abenteuer (?) steht an… Ich starte beim „Rando Imperator“ (als einer von über 300 Teilnehmern, laut Liste), Variante München – Ferrara. Ich verzichte auf eine Anreise mit dem Bulli, sondern fahre mit dem Zug. Tickets online gecheckt, Hotel in München gecheckt. Heimreise? Entweder mit dem Zug oder mit dem Rad, ich werde sehen.
Die Wettervorhersage ist nicht berauschend für das Wochenende – es soll kalt und regnerisch werden und am Reschenpass soll sogar Schneefall möglich sein, super!
Fahren tue ich mit meinem „Brevet“-Rad (das Canyon), inzwischen etwas modifiziert und mit einem Dynamo-Laufrad (gebaut vom Bayer Karl) und einer Luxos U (*), sowie als Reserve bzw. Zweitlicht ein Ixon Space (*).
Ich bin ja – was Radreisen betrifft – sowieso ein Amateur und tüftle daher schon seit einigen Tagen an der Packliste und was bring ich wie, wo hin/an. Montiert habe ich vorne die Roswheel-Tasche, eine 10-Ltr.-Arschrakete (*), einen 4,5-Ltr.-Midloader (*) und eine Oberrohrtasche (*). Dann stellt sich natürlich die Frage: Was nehme ich alles mit, was brauche ich unbedingt, ich habe keine Ahnung…
Also werfe ich einmal alles auf einen Haufen (auf die Werbe-Links verzichte ich jetzt):
1) Wäsche:
Die österreichische Randonneurs-Wäsche (eh klar), 1 Langarm-Trikot, 2 Unterleiberl, Ärmlinge, Knielinge, meine Essential-Jacke, die Wowow-Weste, 2 Paar Socken (nix schlimmeres, als mit nassen Füssen zu fahren), Regenhose, Handschuhe kurz, Handschuhe lang, Buff, Cap – das sollte reichen…
2) Sonstiges:
Isomatte, Hütten-Schlafsack, Biwaksack, Göffel, 2 Reserve-Schläuche, Werkzeug, kleines Schloss, Taschenlampe, Digital-Kamera, ein paar Gel und Riegel, Kabelbinder…
Das bringe ich überraschenderweise alles irgendwie unter…
Einen „Schummelzettel“ mit ungefährer Marschtabelle habe ich mir auch noch gemacht und laminiert, Bargeld, Kredit- und Bankomat-Karte, Personalausweis – alles schön wasserdicht verpackt im Noaks Bag (*) und einen ungefähren Plan habe ich mir auch zurechtgelegt, aber:
„… Erstens kommt es anders, als zweitens man es denkt …“,
aber der Reihe nach:
Freitag, 03.05.:
Ich sitze dann gemütlich im Zug und bin (nach zweimal umsteigen) in München. Einchecken im Ibis Budget Süd (das Rad darf mit aufs Zimmer!), ein kurzer Fußmarsch ins Hotel Wetterstein – Registrierung abschließen, Startsackerl ausfassen – ich hab Startnummer 44. Danach Abendessen und zeitig ins Bett.
Samstag, 04.05.:
Aufstehen um 02:50 – Es ist mit +2°C doch etwas frisch in München…
Duschen, anziehen, kein Frühstück, ich krame in meinen Taschen, wo ist mein Merino-Langarmtrikot? Offensichtlich zu Hause vergessen, na gut, wird schon gehen. Ich rolle (mit etlichen anderen) zum Start, gebe mein kleines Rucksackerl (mit der Straßenkleidung) ab, und pünktlich um 04:30 Uhr wird gestartet…
Von den über 300 gemeldeten sind ca. 270 am Start und es geht bei Kälte und Dunkelheit mehr oder weniger gemütlich auf Schotterwegen raus aus München. Irgendwann zeigt der Track auf meinem Wahoo nach rechts, aber die ganze Gruppe zieht geradeaus weiter… Ich bleibe dran und nach einiger Zeit sind wir wieder auf dem Track. Offensichtlich gibts ein paar (oder viele), die eine andere Variante kennen bzw. geladen haben. In Garmisch halte ich kurz bei einer Bäckerei – ein großer Milchkaffee, ein Stück Kuchen und ein Croissant – wunderbar. Bei Kilometer 100 die 1. Kontrollstelle, ich bin im Zeitplan, bleib etwas länger stehen, essen und trinken, tratschen… – und weiter gehts.
Es geht bergauf, rauf auf den Fernpass, schön zu fahren, ruck-zuck bin ich oben. Die Strecke führt großteils auf Radwegen, teilweise geschottert, aber alles gut zu fahren. Dann gehts wieder bergab und dann der Ansteig auf den Reschenpass. Eigentlich nicht steil und schön zu fahren, aber ich überdrehe ein bißchen und muss zwischendurch einmal vom Rad und brauch ein Gel und einen Riegel. Oben die 2. Kontrollstelle – ich bin noch im Zeitplan. Kaffee, eine Kleinigkeit essen, Flaschen füllen.
Beim Reschensee (wenig Wasser zur Zeit) bleibe ich natürlich auch stehen – ein Foto vom Kirchturm muss natürlich sein. Dann macht mein Wischtelefon einen Warnpiepser: „… Akku schwach …“. Power-Bank habe ich keine mit, meine Luxos U hat ja einen Puffer-Akku. Angesteckt, funktioniert aber nicht, weil? Na gut, mein „2.-Licht“, das Ixon Space hat ja auch eine Power-Bank-Funktion – aber da hab ich das falsche Kabel mit – leggoasch! Egal, ich hänge mich wieder in die nächste Gruppe und irgendwie gehts wieder auf einer „Alternativ“-Route weiter. Irgendwann muss ich wirklich, wirklich, wirklich dringend pinkeln und steig aus.
Aber dann ist weit und breit niemand mehr zu sehen, vorne nicht und von hinten kommt niemand nach und ich stehe bei einer Kreuzung und weiss nicht weiter. Mein Wischtelefon ist inzwischen leer, also nix mit Google Maps oder so, zoomen am Wahoo bringt auch nix, offensichtlich bin ich weit weg vom Original-Track. Intuitiv fahre ich in die richtige Richtung und bin bald wieder auf der Original-Strecke.
Bald darauf wird es aber ungemütlich – windig und leichter Regen. Ich stoppe, ziehe meine Regenhose über, fahre weiter und irgendwann kurz nach Meran wird der Regen stärker – und stärker und stärker. Aha – noch ca. 30 Kilometer und der Regen wird noch stärker. Inzwischen rinnt mir das Wasser oben hinein und unten wieder hinaus, es wird mir kalt, es wird finster, vor lauter Regen sehe ich auf meinem Wahoo den Track fast nicht mehr…
Ich bin aber nicht der einzige, ich treffe am Stadtrand von Bozen auf eine Gruppe die ebenfalls rätselt wie es weitergeht. Dabei auch ein alter Bekannter, der mit mir (oder ich mit ihm) beim Giro Sardegna 2018 unterwegs war. Gemeinsam finden wir den Weg zur Piazza Walther – der 3. Kontrollstelle. Die ganze Gruppe, alle durch und durch nass und durchfroren, zittert sich ins kleine Zelt hinein, Stempel holen, eine Kleinigkeit essen und trinken. Ich bin nicht der einzige, der sein Gepäck aus dem Trailer holt und sagt: „… Es reicht für heuer, tragt ein: DNF …“. Stopp und speichern drücken und Ende…
Raus aus der Altstadt, beim Bahnhof ins nächstbeste Hotel eingecheckt – das Rad darf nicht mit ins Zimmer, steht im abgesperrten Innenhof. Ich ziehe noch ein Cola und ein Packerl Kekse aus dem Automaten – mein Abendessen, schäle mich aus der nassen Wäsche und stehe ungefähr 20 Minuten unter der heissen Dusche.
Sonntag, 05.05.:
Aufstehen, nochmal heiss duschen, beim Frühstücksbuffet ordentlich hineinschaufeln. An der Rezeption um ein Ladegerät fürs Wischtelefon bitten und einstweilen hinüber zum Bahnhof, Heimreise checken.
Dort lerne ich noch Ralph vom Kurbelfest kennen und tratsche noch ein bißchen über andere Ausfälle, (fast) verloren gegangene Radlerkollegen usw. usf.
Auch merke ich, wie abhängig unsereins inzwischen vom elektronischen Helferlein ist – mühsam ist das Fahrplan studieren, die Anschluss-Verbindungen suchen, die Preise vergleichen und, und, und…
Aber es funktioniert auch alles noch immer analog. Ich fahre mit diversen Zügen Bozen – Brenner – umsteigen – Innsbruck – umsteigen – Wien – umsteigen – Schützen am Gebirge. Und ungefähr 3 Kilometer bei leichtem Regen nach Hause…
Resümee:
Eine wunderschöne Veranstaltung, Details hier, top organisert. Die Strecke verläuft großteils auf Radwegen (asphaltiert und auch auf Schotterwegen, aber alles auch mit dem Rennrad gut befahrbar), wunderschöne Gegend – wenns Wetter passt, sicher noch schöner! Was ich so auf der FB-Seite gelesen habe, sind von ungefähr 310 gemeldeten 270 an den Start gegangen und immerhin 60 sind in Ferrara angekommen – großen, großen Respekt!
Notiz an mich:
beim nächstenmal eine Packliste erstellen (und abhaken),
Taschen am Rad optimieren (da ist noch viel Luft nach oben),
die ganzen Kabel etc. für den elektronischen Scheiss testen, probieren, merken,
sicherheitshalber doch eine Power-Bank mitnehmen,
vielleicht doch öfter stehenbleiben und Fotos machen…
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